Bewertungen verstecken sich überall – auch in Verallgemeinerungen.

Bewertungen verstecken sich in der Wolfsprache fast überall, und es handelt sich immer um statische Sprache. Hier einige Beispiele:

In Komplimenten

  • Du bist schlau.
  • Sie ist schön.

In Tadeln

  • Er ist dumm.
  • Ihr seid faul.
  • Du bist fett.

In Vergleichen

  • Du bist nicht so fleißig wie dein Bruder.
  • Deine Schwester ist hübscher als Du.
  • Du bist der beste in der Klasse.
  • Du bist zu fett für das Kleid.

Diese Beispiele waren einfach, da sie offensichtlich aus dem Bereich der statischen Sprache stammen. Sie beschreiben das Sein, nicht das Handeln. Doch auch im folgenden Beispiel steckt eine Bewertung drin, auch wenn es so aussieht als ob ein Handeln beschrieben wird:

In Verallgemeinerungen

  • Du machst nie die Tür zu.
  • Du lässt immer den Klodeckel offen.

Die beschriebene Handlung setzen wir durch die Verallgemeinerung in einen statischen Kontext (immer oder nie). Dadurch ist die Aussage nur als dynamische Sprache getarnt, tatsächlich handelt es sich um statische Sprache.

Du hättest auch gleich sagen können: Du bist Jemand, der nie die Tür zu macht. oder Du bist Jemand, der immer den Klodeckel offen lässt. Dann wird es sehr deutlich, dass über das Sein gesprochen wird, nicht über das Handeln.

Enttäuschung als echtes Gefühl!

Die Enttäuschung

In der Alltagssprache drücken wir mit „Enttäuschung“ das Gefühl aus, wenn eine Bedürfnis unerwartet nicht erfüllt wird.  Beispielsweise:

  • Ich bin enttäuscht, dass du mir nicht die Wahrheit gesagt hast.
    (Bedürfnis: Aufrichtigkeit, Transparenz, Sicherheit)
  • Ich bin enttäuscht von mir selbst, dass ich mich für die Prüfung nicht genug vorbereitet habe.
    (Bedürfnis: Motivation)
  • Ich bin enttäuscht, dass ich die Prüfung nicht bestanden habe, obwohl ich so viel dafür vorbereitet habe.
    (Bedürfnis: Wachstum, Anerkennung, Selbstwirksamkeit)

Wenn wir die Enttäuschung auf das unerwartet nicht erfüllte Bedürfnis beziehen, dann handelt es sich um ein echtes Gefühl.

Häufig wird die Enttäuschung allerdings auf eine Andere person projiziert:

  • Ich bin von dir enttäuscht, dass du mir nicht die Wahrheit gesagt hast.

Damit übertrage ich die Verantwortung für meine Enttäuschung auf die andere Person. Dann wird die Enttäuschung zu einem Gedanken und und zu einer Bewertung des Verhaltens der anderen Person, und damit kann ich kaum noch das  Gefühl “Enttäuschung” fühlen, sondern bin dann eher bei einem Ärger über die andere Person.

Daher lohnt es sich inne zu halten, wenn ich Enttäuschung fühle.

In der Sprache des Friedens ist die Enttäuschung auch ein transformativer Vorgang der Erkenntnis: Ich werde aus meiner Täuschung herausgerissen, und eines Besseren belehrt. Die bisherige Täuschung wird aufgehoben. Ich werde desillusioniert. Dies ist dem Wesen nach eine gute Angelegenheit. Die Enttäuschung dient der Wahrheitsfindung.

Der Volksmund weiß dies alles übrigens schon lange, wenn er sagt:
Eine Enttäuschung ist eine Wahrheit mit Verspätung.

Wenn ich mir diesen transformativen Erkenntnisvorgang – begleitet durch Selbst-Empathie – bewusst mache, kann ich den Teufelskreis des Gedanken-Karussells aufhalten, der andernfalls nicht selten zu Frust, Depression oder bei krassen Selbstvorwürfen auch zu Schuldgefühlen führen kann.

Wenn dir also eine Enttäuschung widerfährt, kann dir die Sprache des Friedens mit Selbst-Empathie dabei helfen, dich auf dein nicht erfülltes Bedürfnisse zu besinnen.

Wie kann man beobachten ohne zu bewerten?

Wie kann man beobachten ohne zu bewerten?

In der gewaltfreien Kommunikation ist der erste Schritt: beobachten, ohne zu bewerten. Doch dies ist gar nicht so leicht.

Die Macht der Gewohnheit, Vorurteile oder  Schubladendenken kann schnell zu ästhetischen oder moralischen Urteilen bei der Beobachtung führen. So entsteht beispielsweise schnell eine Aussage wie diese:

„Deine schlechte Laune verärgert mich.“

Diese Bewertung der Laune des Anderen wird in der Regel als Vorwurf oder Kritik gehört und löst dadurch im Anderen unangenehme Gefühle aus. Diese führen dazu, dass alles folgende gar nicht mehr gehört wird! Und dadurch Wiederstand gegen eine möglicherweise freundlich angebotene Lösung vorprogrammiert ist.

Krishnamurti war daher auch der Ansicht, dass beobachten ohne zu bewerten eine der höchsten Formen der Intelligenz ist.

The ability to observe without evaluating is the highest form of intelligence.

(Jiddu Krishnamurti)

Daher ist eine wertneutrale Beobachtung der wichtige Startpunkt der Sprache des Friedens. Es geht dabei darum, sowohl die negativen als auch die positiven Wertungen herauszunehmen und nur die Situation oder den Handlungsverlauf wiederzugeben.

Überprüfe deine Aussage einmal selbst:

Ob deine Aussage wertneutral ist, kannst Du ganz leicht selbst testen: Setze die Aussage in ihr Gegenteil. Hat sich nun ihre ästhetische oder moralische Wertung kaum verändert, dann war sie höchst wahrscheinlich wertneutral. sehr gut! Hat sie sich jedoch in ihrer  ästhetischen oder moralischen Wertung auf den Kopf gestellt, dann war sie höchst wahrscheinlich wertend.

Ein Beispiel:

Das Beispiel von oben: „Deine schlechte Laune verärgert mich“ würde im Gegenteil lauten: „Deine gute Laune verärgert mich“. Diese Aussage setzt eine ganz andere moralische Beurteilung voraus. Ja, man versteht sogar – so aus dem Kontext gegriffen –  ihre moralischen Wertung nicht. Von daher sind beide – die positive und die negative –  Aussage nicht wertneutral.

Neutral wäre die Aussage also erst wenn wir die Wertung weglassen, beispielsweise:

„Die Laune, die du gerade hast, ärgert mich.”

Die Sprache des Friedens ergänzt diese Aussage mit dem Bedürfnis, das zu kurz gekommen ist, beispielsweise:

„Die Laune, die du gerade hast, ärgert mich, da ich ein großes Bedürfnis nach Harmonie habe.“

Der wesentliche Unterschied zwischen Bitten und Forderungen liegt in der Wahlfreiheit.

Der wesentliche Unterschied zwischen Bitten und Forderungen liegt in der Wahlfreiheit.

Kennst du das?

Aber ich hab doch bitte gesagt!

Eine Bitte ist ergebnisoffen. Eine Forderung ist es nicht. Es ist immer eine Frage der dahinter liegenden Haltung.

Bei einer Forderung haben wir nicht wirklich eine Wahl. Wenn wir sie nicht erfüllen, hat dies immer eine negative Konsequenz. Beispielsweise die Missbilligung des Anderen.

Eine ergebnisoffene Bitte fördert die Bereitschaft des anderen, dieser Bitte freiwillig nachzukommen, allein oder gerade aus der Freude des Gebens. Sobald der Druck einer Forderung da ist, sinkt diese Bereitschaft.

Bei der Bitte spielt die Formulierung nur eine untergeordnete Rolle, viel wichtiger ist die Haltung hinter der Bitte.

Vorsicht Ratschlag:

  • Auch eine Forderung kann das Wort „Bitte“ enthalten.
  • Auch ein freundlicher Ton kann eine Forderung bedeuten.
  • Auch Höflichkeit ist kein Garant, dass eine Bitte vorliegt.

Überprüfe dich selbst:

Stell dir vor, deine Bitte wird ausgeschlagen, wie reagierst du dann darauf?

Bist du vielleicht betrübt, sauer oder beleidigt? Ist deine erste Reaktion, den Anderen zu beschuldigen? Dann war es vermutlich keine wirkliche Bitte.

Reagierst du mit Frustration oder Resignation, so ist dies verständlich, schließlich bekommst du deine Bitte nicht erfüllt. Doch warte; es war vermutlich keine Bitte, sondern eine Forderung.

Reagierst du mit Enttäuschung, ist dies ein verständlicher und wichtiger Schritt. Denn er führt zum gegenseitigen besseren Verständnis. Das klingt erst einmal paradox. Aber wenn man es aus der Sicht betrachtet, dass die Enttäuschung, die Aufhebung der eigenen Täuschung ist, ist es gut. Denn deine Täuschung über die Bedürfnisse des Anderen wird aufgehoben. Dieser Schritt ermöglicht dir den nächsten, nämlich auf die unerfüllten Bedürfnisse des Anderen zu achten, die dazu führten, dass er deine Bitte ausschlägt. Wenn du verstehst was zu seinem Entschluss führt, gibt dir das die Möglichkeit zur Akzeptanz.

Wenn du auf das Nein deines Gegenübers mit Verständnis oder dem Versuch es zu verstehen reagierst, lag sehr wahrscheinlich eine Bitte vor. Dann weist du auch, dass dein Gegenüber ebenfalls Bedürfnisse hat, die er erfüllen haben möchte, und deine Bitte scheint dies noch nicht zu beachten.

Im weiteren Dialog kannst du herausfinden, welche Bedürfnisse dies sind, und ob es eine Lösung gibt, die sowohl seine Bedürfnisse und auch deine Bitte berücksichtigt.

Die Sprache des Friedens zeigt hier Möglichkeiten auf, wie wir bitten können, so dass der Andere vom Herzen her geben kann und Freude am Geben hat.

Kann ich mich mit jedem gut verstehen wenn ich die Sprache des Friedens spreche?

Kann ich mich mit jedem gut verstehen wenn ich die Sprache des Friedens spreche? Heißt das, dass es dann keine Konflikte mehr gibt? Heißt das nicht auch, dass einer klein bei geben muss?

Mit der Sprache des Friedens sprechen bedeutet für den Konfliktfall, dass die unerfüllten Bedürfnisse des Anderen wahrgenommen werden und die eigenen ebenfalls genannt werden. Diese unerfüllten Bedürfnisse waren in der Regel der Auslöser für negative Gefühle, welche dann den Konflikt erzeugt haben. Durch die Sprache des Friedens können diese Bedürfnisse auf beiden Seiten transparent gemacht werden.

Das bedeutet jedoch nicht, dass man danach auf jeden Fall gut mit einander klar kommt. Es kann stattdessen auch bedeuten, dass man zu dem Ergebnis kommt, dass man sehr unterschiedliche Bedürfnisse hat, die nicht gut zusammen passen.  Die Sprache des Friedens hilft also auf friedliche Weise herauszufinden, ob es eine für beide Seiten bedürfnisorientierte Lösung gibt. 

Marshall Rosenberg zeigt dies sehr eindrücklich anhand eines Beispiels, in dem es um das Bedürfnis geht, geliebt zu werden:

Hallo Sprache des Friedens!

Als ich vor vielen Jahren das erste mal mit Gewaltfreier Kommunikation (GFK) in Berührung kam, da wusste ich noch gar nicht, dass mein Gegenüber die GFK anwendete. Erst später – im Rückblick – ist es mir wie Schuppen von den Augen gefallen, und da war ich erstaunt! Es war mir seinerzeit nicht aufgefallen, dass eine Bewusste Anwendung der GFK, die bestehende Konflikte in einer kleinen Urlaubs-Gruppe ganz friedlich und scheinbar mühelos löste. Es war wie Magie. Dass es keine Zufall war, ist mir dann erst viel später klar geworden.

Meine zweite Begegnung mit der GFK, war noch mit großen Zweifeln meinerseits begleitet. Eine Freundin erzählte damals von der Theorie der Gewaltfreien Kommunikation. Beim ersten noch oberflächlichen Hinhören, war ich noch sehr skeptisch und hielt diese “Methode” für “etwas naiv”, gleichzeitig war ich schon ein klein wenig neugierig, und ein Kernsatz blieb hängen: “Der, der dich aus Angst bedroht, braucht deine Mitgefühl am meisten.” Ich war verwirrt und doch berührt.

Doch mein Weg zur GFK war im Folgenden nicht ganz so einfach. Denn mir stand da etwas im Weg: Nämlich meine eigenen generalisierten Annahmen über Verhaltensideale, mein Unwissen, worum es bei der GFK eigentlich ging, und meine Vor-Urteile gegenüber dem was die GFK bedeutet und wie sie wirkt.

Erst einige Zeit später, als ich in meinem Leben einen richtig krassen emotionalen Bauchplatscher hingelegt hatte, und ich Hilfe brauchte, da hat die GFK mir glücklicherweise ihre wahrhafte Wirkung entfaltet und mein Verstehen auf ein anderes Level gehoben. Zugegeben, ich hätte mir einen sanfteren Weg gewünscht, aber wie man so schön sagt: Der Erleuchtung ist es egal, wie Du sie erlangst 😉

Von da an, wollte ich alles über die GFK wissen und alles darüber erfahren, sie kennen und können. Je mehr ich dazu lernte, je mehr Aha-Erlebnisse ich hatte, je mehr ich meine bisherigen Annahmen, ablegen konnte, desto klarer erschien mir die GFK in ihrer erleichternden Schönheit. Desto mehr entpuppt sie sich mit ihrer wahrhaft versöhnenden und heilenden Wirkung. Das war für mich die Zeit und die Reife, die mich zur GFK Trainerausbildung führte.

Nun konnte ich langsam die GFK als “Sprache des Lebens” anerkennen. Und in meinem Leben bedeutete dies, einen entscheidenden Beitrag zu leisten, um einen Frieden wieder herzustellen, der mir sehr wichtig ist, und für den ich heute unglaublich dankbar bin. So kam es zu diesem Blog: SpracheDesFriedens.de

Meine Blog-Beiträge auf SpracheDesFriedens.de zeigen einen kleinen Einblick in mein stetig fortschreitendes Verständnis der Gewaltfreien Kommunikation und ich freue mich, dieses mit Dir zu teilen.

In diesem Sinne: Hallo Sprache des Friedens!