Wie kann man beobachten ohne zu bewerten?
In der gewaltfreien Kommunikation ist der erste Schritt: beobachten, ohne zu bewerten. Doch dies ist gar nicht so leicht.
Die Macht der Gewohnheit, Vorurteile oder Schubladendenken kann schnell zu ästhetischen oder moralischen Urteilen bei der Beobachtung führen. So entsteht beispielsweise schnell eine Aussage wie diese:
„Deine schlechte Laune verärgert mich.“
Diese Bewertung der Laune des Anderen wird in der Regel als Vorwurf oder Kritik gehört und löst dadurch im Anderen unangenehme Gefühle aus. Diese führen dazu, dass alles folgende gar nicht mehr gehört wird! Und dadurch Wiederstand gegen eine möglicherweise freundlich angebotene Lösung vorprogrammiert ist.
Krishnamurti war daher auch der Ansicht, dass beobachten ohne zu bewerten eine der höchsten Formen der Intelligenz ist.
The ability to observe without evaluating is the highest form of intelligence.
(Jiddu Krishnamurti)
Daher ist eine wertneutrale Beobachtung der wichtige Startpunkt der Sprache des Friedens. Es geht dabei darum, sowohl die negativen als auch die positiven Wertungen herauszunehmen und nur die Situation oder den Handlungsverlauf wiederzugeben.
Überprüfe deine Aussage einmal selbst:
Ob deine Aussage wertneutral ist, kannst Du ganz leicht selbst testen: Setze die Aussage in ihr Gegenteil. Hat sich nun ihre ästhetische oder moralische Wertung kaum verändert, dann war sie höchst wahrscheinlich wertneutral. sehr gut! Hat sie sich jedoch in ihrer ästhetischen oder moralischen Wertung auf den Kopf gestellt, dann war sie höchst wahrscheinlich wertend.
Ein Beispiel:
Das Beispiel von oben: „Deine schlechte Laune verärgert mich“ würde im Gegenteil lauten: „Deine gute Laune verärgert mich“. Diese Aussage setzt eine ganz andere moralische Beurteilung voraus. Ja, man versteht sogar – so aus dem Kontext gegriffen – ihre moralischen Wertung nicht. Von daher sind beide – die positive und die negative – Aussage nicht wertneutral.
Neutral wäre die Aussage also erst wenn wir die Wertung weglassen, beispielsweise:
„Die Laune, die du gerade hast, ärgert mich.”
Die Sprache des Friedens ergänzt diese Aussage mit dem Bedürfnis, das zu kurz gekommen ist, beispielsweise:
„Die Laune, die du gerade hast, ärgert mich, da ich ein großes Bedürfnis nach Harmonie habe.“